Vom Magistrat Steyr wurde innerhalb kürzester Zeitspanne aus der ehemaligen Lagerhalle exotischer Pflanzen mit einem hervorragenden Gestaltungsteam eines qualifizierten Museumsdesigners und Kunsthistorikers zwei Krippenschauräume, die Zweijahrtausende durch Texte und Darstellungen homogen miteinander verbinden, geschaffen. Die stimmige und behutsame Inszenierung sowie durch die wissenschaftliche Aufarbeitung finden im neuen Krippenmuseum Palmenhaus Kunst- und Krippenfreunde genauso ihre Freunde, wie jene, die zum Ursprung der vertrauten Weihnachtsgeschichte vordringen möchten.
Der in Dämmerlicht gehaltene Vorraum zum eigentlichen physischen Ausstellungsbereich präsentiert sich als eine große Rotunde mit einer kuppelförmigen Darstellung eines Sternenhimmels. In diesem Bereich sind halbkreisförmig mehrere Informationsständer (sogenannte Stelen) mit den Inschriften: „Und du Bethlehem im Lande Judas“, „Die Krippe“, „Ochs und Esel an der Krippe“, „Die Heiligen Drei Könige“, „Ich steh an deiner Krippe“, „Was uns die Bibel erzählt“ und „Die Symbolkraft der Geschenke - Weihrauch, Gold und Myrrhe“, spotmäßig beleuchtet, aufgestellt. Im Raumzentrum befindet sich zusätzlich eine Vitrine mit Gold Weihrauch und Myrrhe.
Was uns die Bibel erzählt
In jenen Tagen erlies Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Des geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Stadthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Davids, die Bethlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kinderwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit der Niederkunft, und sie gebar einen Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf dem freien Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe / und auf Erde ist Friede / bei den Menschen seiner Gnade. Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt wir gehen nach Bethlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkündigen ließ. So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über das Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten. Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. (Evangelium nach Lukas 2, 1-20)
Und du Bethlehem im Landes Judas
Bethlehem ist nur etwa zehn Kilometer südlich von der Jerusalemer Altstadt entfernt. Glaubt man den Evangelisten, so ist Jesus nicht zufällig in dieser Kleinstadt zur Welt gekommen. Schon im Alten Testament wird diesem Ort eine künftige Vorrangstellung prophezeit. So schreib der alttestamentliche Prophet Micha:
Da. Aber Bethlehem in Ephrata, klein unter den Gauen Judas – aus dir soll mir einer hervorgehen, um Herrscher in Israel zu sein. Sein Ursprung reicht weit zurück, in die Tage der Urzeit. Darum gibt er sie preis bis zu der Zeit, da die Gebärende geboren hat und der Rest seiner Brüder zurückkehrt zu den Söhnen Israels. Dann tritt er auf und weidet in der Kraft des Herrn, im erhabenen Namen des Herrn, seines Gottes. Man wird in Ruhe wohnen; denn nun ist er groß bis an die Enden der Erde. (Micha 5, 1-3).
Laut Lukasevangelium sind Maria und Josef von Nazareth zur Volkszählung in dem rund 150 Kilometer entfernte Bethlehem, dem Geburtsort Josef, aufgebrochen. Für diese Strecke waren damals mindestens fünf Tagesreisen notwendig. Auch unter Zuhilfenahme eines Lastenträgers wie etwa einem Esel muss diese Anreise nach Bethlehem für die hochschwangere Maria strapazenreich gewesen sein. Der Name „Bethlehem“ ist übrigens aramäischen Ursprungs und heißt „Haus des Brotes“.
Die Krippe
Nur der Evangelist Lukas weiß von einer Futterkrippe, in der Maria ihr neugeborenes Kind legte. Daraus schloss man, dass Jesus Geburt in einem Stall oder – wie in der Ostkirche überliefert – in einer Höhle zu Welt gekommen sei. Bis in das fünfte Jahrhundert konzentrierte sich die abendländische Weihnachtsdarstellung nur auf das Jesuskind in der Futterkrippe, flankiert von Och s und Esel. Erst kurz danach gesteht man auch Maria als Gottesgebärerin einen festen Platz im Weihnachtsbild zu. Mittelalterliche Theologen rückten die Krippe zunehmend in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. So schreibt der Dominikanermönch Jakobus de Voragine (gest. 1298) in seiner „Goldenen Legende“:
Dort macht wohl Joseph für Ochs und Esel eine Krippe, andere sagen, die Krippe sei schon dagewesen, denn die Bauern hätten dort ihr Vieh festgebunden, wenn sie zu Markte kamen. In der Armut gebar Maria ihr Kind um Mitternacht zum Sonntag und legte das lieb Kindlein in die Krippe auf ein wenig Heu.
Och s und Esel hätten sich laut Voragine auch gescheut, vom Futter der Geburtskrippe zu kosten, weshalb sie seit dem Spätmittelalter in der Christnacht eine eigenen „Maulgabe“ erhielten. Die Hl. Hellene soll dieses Heu aus der Krippe Jesu schließlich als kostbares Reliquie nach Rom gebracht haben.
Ochs und Esel an der Krippe
Obwohl Ochs und Esel in den Weihnachtsevangelien nicht vorkommen, sind sie mehr als nur erzählerisches Beiwerk. Sie verweisen auf die beiden alttestamentlichen Propheten Jesaja und Habakuk, wie dies auch im Pseudo-Matthäusevangelium aus dem siebten Jahrhundert nachgelesen werden kann:
Am dritten nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus trat die selige Maria aus der Höhle, ging in einen Stall hinein und legte ihren Knaben in eine Krippe, und Ochs und Esel beteten ihn an. Das erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja verkündet ist, der sagt: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“ So beteten sogar die Tiere, Ochs und Esel, ihn ständig, während sie ihn zwischen sich halten. Das erfüllt sich, was durch den Propheten Habakuk verkündet ist, der sagt: „Zwischen zwei Tieren wirst du erkannt“.
Demnach wissen zwar die Haustiere, zu wem sie gehören und von wem sie ihr Futter erhalten, nicht aber das Volk Israel. Die frühen Kirchenväter haben das Jesaja-Zitat mit der Geburt des Gottessohnes und der Frage, ob Jesus von den Menschen erkannt wird oder nicht, verknüpft. Für die Kirchenväter stand zudem der Ochse für das Volk Israel, das seinen Herrn nicht in dem Kinde von Bethlehem erkennt, und der störrisch geltende Esel für die Heiden.
Wie aus den Weisen aus dem Morgenland die Heiligen Drei Könige wurden
Im Matthäusevangelium ist lediglich von „Weisen aus dem Morgenland“ die Rede., die als Magier bzw. Sterndeuter nach Bethlehem aufgebrochen sind. Ursprünglich schwankte die Zahl zwischen zwei, drei oder zwölf, wie dies etwa im Orient überliefert wurde. Dass es drei gewesen sein müssen, schloss der Theologe Origenes (gst. 254) aus der Zahl der drei erwähnten Geschenke. Die Bezeichnung „Könige“, die schon von Tertullian (gest. nach 220) und anderen Kirchenschriftstellern verwendet wie, setzt sich erst ab dem siebenten Jahrhundert durch. Begründet wurde diese „Umdeutung“ besonders durch alttestamentliche Querverweise wie etwa auf Psalm 72,11:
Alle Könige sollen ihm huldigen, alle Völker ihm dienstbar sein!
Der Hinweis auf den Stern, an dem sich die Magier hielten, legt den Schluss nahe, dass sie aus Babyloniern kamen, wo die Astronomie einen hervorragenden Platz einnahm. Erst im Mittelalter treten die zu Königen mutierten Männer auch als Vertreter der drei Lebensalter und der drei damals bekannten Kontinente Europa, Afrika und Asien auf – zumeist mit einem „Mohren“ in der Runde. Um die königliche Erscheinung der fremden Magier zu betonen, wird in der bildenden Kunst bald auch das ganze Gefolge zu exotischen Kabinettstücken mit außerordentlichem Aufwand erhoben.
Ich steh an deiner Krippe HIER
„Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesus, du mein Leben (…).“ So beginnt ein Liedertext des lutherischen Theologen Paul Gerhardt, der 1653 erstmals in einem Gesangsbuch veröffentlicht wurde. Er findet auch in Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium von 1734 Eingang und markiert so die Blütezeit der regionalen Krippenkunst. Sie setzt im Raum Steyr ebenfalls im Zuge der Gegenreformation am Beginn des 17. Jahrhunderts ein. Erst seit damals bezeichnet das Wort „Krippe“ die szenische Darstellung der Geburtsgeschichte in Verbindung mit der Anbetung der Hirten und der Heiligen Drei Könige. Der erste urkundliche Nachweis einer Kirchenkrippe in Oberösterreich stammt von 1603, als noch die Reformation das Land beherrscht. Im Linzer Landhaus und einstigen Sitz der evangelischen Stände haben die Jesuiten am 24. Dezember 1603 in der heutigen Minoritenkirche eine Krippe aufgestellt. Zur gleichen Zeit finden szenische Darstellungen des Weihnachtsgeschehen großen Beifall. So wird schon 1609 aus Steyr berichtet, dass hier zu den Weihnachtsfeiertagen in der Pfarrkirche anstatt der Predigt der prächtige Dialog „Der neugeborene Knabe“ von Schülern und Sängern der Garstner Schule gegeben wurde. Auch 1617 gibt es hier eine Aufführung zur Weihnachtszeit. Das Garstner Stiftstheater tritt so zum protestantischen Schultheater in Steyr zunehmend in Konkurrenz.
Im Barock erreichte dann die Verbreitung der Kirchenkrippe ihren ersten Höhepunkt. Allein für das Stift Garsten ist das Vorhandensein von fünf Krippen urkundlich nachweisbar. Der Steyrer Raum wird bald zu einem Mittelpunkt szenischer Gestaltung, wovon neben dem berühmten „Steyrer Kripperl“ auch die hier ausgestellte Lamberg´sche Krippensammlung mit ihren bekleideten Figuren aus Barock bis Biedermeier ein beredtes Zeugnis ablegt. Nachdem sich aber Maria Theresia gegen szenische Darstellungen der Geburt Christi oder Anbetung der Heiligen Drei Könige in Kirchen ausspricht und ihr Sohn, Kaiser Josef II., am 30. Oktober 1782 schließlich ein generelles Krippenverbot in den Kirchen verhängte, verlagert sich die Krippentradition in die Privathäuser. Das Aufstellungsverbot für Kirchenkrippen wird bereits 1804 wieder aufgehoben. Im Raum Steyr-Garsten haben sich bis heute an die 200 alte Krippen erhalten. Bis heute wird die Krippenkunst hochgehalten, was beispielsweise in der für die ORF-Aktion „Licht ins Dunkel“ 1992 eingesetzten Waggonkrippe, der 2001 erfolgten Gründung der Steyrer Krippenfreunde und nicht zuletzt mit diesem neunen Krippenmuseum im ehemaligen Palmenhaus von Schloss Lamberg eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird.
Die Symbolkraft der Geschenke – Weihrauch, Gold und Myrrhe
Ein Stern führt die Weisen aus dem Morgenland nach Bethlehem zum Jesuskind, den sie für den „neugeborenen König der Juden“ halten. Sie überreichen daher auch königliche Geschenke: Weihrauch, Gold und Myrrhe. Schon bei Jesaja (Jes. 60,6) stehen Weihrauch und Gold für die königliche Würde:
Sie alle werden kommen und Gold und Weihrauch tragen und sie werden das Lob des Herrn fröhlich verkündigen.
In seiner Predigt zur Epiphanie bringt Bernhard von Clairvaux den Symbolgehalt dieser kostbaren Gaben auf den Punkt: „Ihm brachten sie geheimnisvolle Gaben das und bekannten ihn durch Gold als König, durch den Weihrauch als Gott und durch die Myrrhe als Menschen.“ So wie Weihrauch ist auch die Myrrhe ein wohlriechendes Harz, das aber vor allem im Alltag verwendet wurde. Ob seiner betäubenden Wirkung wurde es den Verurteilten vor der Kreuzigung gemeinsam mit Wein als Getränk gereicht (Mk. 15,23). Nikodemus balsamiert schließlich auch den Leichnam Jesus mit Myrrhe und Aloe.
Im eigentliche Schauraum werden in vier langgezogene Vitrinen, die in den Sachbereichen, „Von Panduren und Preußen“, „Glanzvolle Kostüme“, Die Lust am Spiel“ und „Tierisches Gefolge“ gegliederten barocken Lamberg´schen Figuren, die große „Lamberg´sche Krippe“ (die auch als Steyrer Stadtkrippe bezeichnet wird) und die ehemalige Waggonkrippe unter dem neuen Titel „Rollen de Krippe“ präsentiert. Als leichte Hintergrundmusik klingen alte heimatliche und historische Weihnachtslieder, die von Schülerinnen und Schüler der Musik -Neuen-Mittelschule Steyr mit einem hohen Integrationsanteil gesungen werden.
Großer Ausstellungsraum im Palmenhaus
Vitrine 1 der Lamberg´schen Krippenfiguren
Von Panduren und Preußen
Die Provenienzen der farbenkräftigen Krippenfiguren reichen von Tirol bis Ungarn. Das Figurenrepertoire umfasst nicht nur für jede Krippe unerlässlichen Darstellungen von Maria und Josef, dem Jesukind samt Ochs und Esel, den Hirten und den Heiligen Drei Königen. Hier tummeln sich im Gefolge der hohen Gäste aus dem Morgenland auch kunstvoll gewandete Mohren und Höflinge. Hirten und Bauern in der Tracht ihrer Zeit komplettieren dieses weihnachtliche Personal. Unter den Figuren befinden sich aber auch reichgewandete Hohepriester, preußische Soldaten Friedrich des Großen, ungarische Panduren und Magnaten. Dieser Umstand verweist auf die seit dem Barock beliebten Fasten-, Oster-, Jahres- oder Wechselkrippen, in denen neben den verschiedenen religiösen Szenen auch Persönlichkeiten und Ereignisse aus der Entstehungszeit der jeweiligen Krippe miteingeworben wurde.
Vitrine 2 von den Lamberg´schen Krippenfiguren
Glanzvolle Kostüme
Dank ihrer unterschiedlichen Tracht können die Figuren auch Landschaften zugeordnet werden. Die aufwendige Bekleidung, die liebevolle Detailtreue wie auch die virtuose Charakterisierungskunst machen die Figuren mit den Wachs- und Holzköpfchen zu kleinen Kunstwerken. In den prunkvollen Gewändern spiegelt sich zudem die barocke Vorliebe zu kostbare Stoffe und aufwendige Stickereien. Effektvolle Material- und Farbkombinationen sowie extravagante modische Accessoires wie Hüte oder Schmuck spiegeln damit die Mode des späten 18. Jahrhunderts wider. Typisch für die barocken Prunkgewänder ist die Gold- und Silberlahnstickerei, wie sie auch viele Klosterarbeiten auszeichnet. Die metallisch glänzenden Oberflächen der prunkvollen Textilien werden mit Lahnfäden erzeugt. Dabei handelt es sich um Garne, die mit geplättetem Metalldraht oder schmalen Metallfolien umwickelt werden.
Vitrine 3 der Lamberg´schen Krippenfiguren
Die Lust am Spiel
Unter den Lamberg´schen Krippenfiguren haben sich Darstellungen von Geistlichen bzw. Ministranten erhalten. Sie tragen traditionelle liturgische Kleidung mit rotem Talar, gesticktem Chorrock, dazupassendem Kragen und Birett. Wir erinnern uns auch dabei an die Spielfreude des frühen 19. Jahrhunderts, demzufolge sich schon Kinder als predigende Pfarrer versuchten. So schlüpfte etwa der Dichter Franz Grillparzer (1791-1872) als in die Rolle: (…..)
In die Stadt zurückgekehrt wurde ein Messkleid aus Goldpapier verfertigt. Ich las die Messe, wobei mein zweiter Bruder, der Klingel wegen, bereitwillig ministrierte. Ich predigte von einer Stuhllehne herab, wobei ich freilich als einzige Zuhörerin unsere alte Köchin hatte, die von meinem Unsinn sehr erbaut schien.
Auf manchen weihnachtlichen Gabentisch des Biedermeier fand sich daher auch Miniatur-Messgeräte und Messgewänder.
Vitrine 4 der Lamberg´schen Krippenfiguren
Tierisches Gefolge
Im Gedränge vieler Weihnachtskrippen tummeln sich auch Tiere. Dabei hat jedes Tier seine symbolische Bedeutung. Im Lukasevangelium verkündet ein Engel den Hirten der Umgebung die Geburt Jesu. In den Krippendarstellungen eilen sie mit Schafe und Lämmer zum Stall von Bethlehem. Damit wird nicht nur auf Jesus als guter Hirte, sondern auch auf das Lamm Gottes hingewiesen., als das Jesus für die Menschen am Kreuz stirbt. Die begleitenden Hunde sind klassische Symboltiere der Wachsamkeit. Die im Gefolge der Heiligen Drei Könige mitgeführten Tiere sollten eine Zuordnung zum jeweiligen König bzw. zu jenem Kontinent ermöglichen, den sie symbolisierten: Kasper erscheint meistens als Mohr und vertritt Afrika. Er führt Elefanten mit sich. Melchior mit dem Pferd verkörpert in der Regel Europas. Balthasar repräsentiert schließlich den asiatischen Kontinent und reitet auf einem Kamel.
Lamberg´sche Krippe (barocke Stadtkrippe von Steyr)
Lamberg´sche Krippe
Diese umfangreiche Lamberg’sche Krippe mit ihrer kostbaren Figurensammlung stammt aus dem Familienbesitz von Josef Graf Lamberg (1856-1904). Sie wurde 1914 von seiner Gattin und Tochter des Gründers der Waffenfabrik-Gesellschaft in Steyr, Anna von Werndl (1861-1943), dem Museum vermacht. Die kostbare Sammlung umfasst heute mehr als 200 bekleidete Figurengruppen, von denen ein Großteil aus verschiedenen Kirchenkrippen stammen dürften. Die auf Holz gemalten Kulissen mit Schloss Lamberg, der Bürgerspital- und Michaelerkirche sowie die in der Ferne eingeblendete Wallfahrtskirche Christkindl fügen sich stimmig ins Gesamtgeschehen. (Die Bretterkulisse wurde in den 90er Jahren von Kons. Paul Pfaffenbichler (1940-2013) im Sinne einer alten Vorlage erneuert). Aufgrund stilistischer und kostümgeschichtlicher Merkmale erstreckt sich der Entstehungszeitraum der Krippenfiguren vom Barock bis ins Biedermeier. Ein Großteil wird heute dem Nordtiroler Raum zugeordnet, wie ein Vergleich mit der um 1750 entstandenen berühmten Krippe aus dem „Regelhaus der Servitinnen“ in Innsbruck nahegelegt: Sie sind ebenfalls mit Wachsköpfchen und Augen aus schwarzen Wachströpfchen gefertigt und haben holzgeschnitzte Arme und Beine. Aber nicht allein die äußere Entsprechung, sondern auch die familiären Bindungen der Familie Lamberg zu Tirol sprechen für die Tiroler Herkunft der barocken Figuren. Als Vorbilder sind die neapolitanischen und sizilianischen Krippen anzusprechen, die mit ihrer Prunkentfaltung und der kostbaren Gewandung aller Akteure in ganz Europa Nachahmer fanden.
Rollende Krippe
Früher als Krippe am Bahnhof und ehemalige Waggonkrippe bezeichnet
Die „Rollende Krippe“
Diese Großkrippe warb zwischen 1992 und 1997 für die ORF-Aktion „Licht ins Dunkel“. Zu diesem Zweck wurde sie in einem alten Waggon der ÖBB eingebaut, um im Advent als Werbeträger durch Österreich, Italien, Lichtenstein und Deutschland zu reisen. Ursprünglich kam diese „Krippe am Bahnhof bzw. Waggonkrippe“ noch auf 17 Quadratmeter Standfläche. Sie ist das Werk des aus dem Mühlviertel (Nebelberg, Bezirk Rohrbach) stammenden Krippenbaumeister Kons. Josef Seidl (1935-2014) und entstand in zweijähriger Bauzeit. Im Advent 1992 war sie erstmals am Bahnhof in Garsten zu besichtigen. Sie umfasst einen heimatlichen und orientalischen Teil. Im heimatlichen Sektor hat Seidl neben den Stall zu Bethlehem auch den Ennskai der Stadt um 1900, die Wallfahrtskirche Christkindl sowie sein Eltern- bzw. Geburtshaus im Mühlviertel untergebracht. Im orientalischen Krippenbereich befinden sich auch die späteren Wirkungsstätten Jesu. Mit ihren mehr als 1.100 Krippenfiguren sprengt dies Waggonkrippe freilich die üblichen Krippendimensionen: Es handelt sich dabei um sogenannte Loahmmandel (Figuren aus Lehm) nach alten Modeln des 18. Und 19. Jahrhunderts aus der Region Steyr- und Ennstal sowie aus Nassereith in Tirol. Nachdem sich 1998 die technischen Erhaltungsarbeiten am Eisenbahnwaggon als nicht finanzierbar erwiesen, wurde die Krippe ausgebaut, kontinuierlich verkleinert und behelfsmäßig deponiert. Das Krippenmuseum ermöglicht nun nach einer aufwendigen Restaurierung wieder ihre Präsentation.
Beschreibung der Figurengruppen aus der Sondervitrine der Lamberg´schen Krippenfiguren.
Figurine eines Riesenmenschen
Die Körperproportionen dieser Figurine mit den überaus langen Beinen erinnern an die Riesen von Lengau, als den man Franz Winkelmeier (1860 – 1887) mit seiner angeblichen Körpergröße von 2,58 Meter bezeichnete. Da aber die Züge dieser Figurine mit dem Schnauzbart nichts gemein haben mit dem genannten „Riesenmenschen“, könnte es sich hier aber auch nur um eine Anspielung oder um eine gestalterische Manieriertheit handeln.
Figurine eines k.u.k. Regimentstambour
Zweiter Hälfte 19. Jahrhundert
Diese Figurine stellt einen k.u.k. Regimentstambour dar. Er trägt die in der österreich-ungarischen Armee von 1867 bis 1918 vorgeschriebene Infanterieuniform. Die Bezeichnung Tambour leitet sich von der französischen Bezeichnung für Trommler ab. Der Regimentstambour geht der Regimentsmusik mit seinem langen verzierten Taktstock, dem Tambourstock, voran. Er ist mit dem dunkelblauen Uniformrock der „deutschen“ Infanterieregimenter bekleidet, erkennbar nach den geraden farbigen Ärmelaufschlägen. Je nach Regiment waren die Farben der Ärmelaufschläge und des Kragens unterschiedlich ausgeführt. Am Rock des Regimentstambours sind die Aufschläge zweifelsfrei als rot zu erkennen. Er trägt dazu die lichtblaue, später aber nachgedunkelte Uniformhose für „deutsche“ Infanterieregimenter, sowie - als Kopfbedeckung – den Infanterietschako. All diese Uniformstücke sind bereits in der Adjustierungsvorschrift für das k.u.k. Heer von 1871 festgelegt und bleiben bis zum Ende der Monarchie 1918 nahezu unverändert.
Figurinen mit blau-rotem Uniformrock
Bei diesen beiden Figurinen handelt es sich wohl um preußische Infanteristen. Die Zusammenstellung bzw. die Kombination vom dunkelblauem Rock mit roten Aufschlägen, weißer (ärmellosen) Weste und weißer Kniehose sowie Stoffgamaschen wie deren Schnitt sind typische Merkmale der preußischen Infanterie Friedrich des Großen. Die Zopfperücke mit nur einer Locke links und rechts deuten ebenfalls auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hin. Es fehlen den Figuren jedoch die Kopfbedeckung – entweder die Grenadiermütze mit vorne spitz zusammenlaufenden Messingschild oder der Hut in Form eines schwarzen Dreispitzes aus Filz.
Zwei Figurinen in grünen Gehröcken
Ob es sich bei den Figuren mit ihren grünen Röcken, roten Westen und schwarzen Kniehosen um reguläre Soldaten handelt, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Uniformierung der Jägertruppe als leichte Infanterie in den europäischen Ameen leitete sich von den zivilen Jägern ab und da beide Figuren über keine militärspezifischen Merkmale wie Blank- oder Feuerwaffen, Gamaschen oder sonstiges verfügen, könnten die beiden ebenso Leibjäger eines Grafen oder Fürsten sein.
Figurine in hellblauem Dolman - Figurine in rotem Dolman
Es gab Husaren nicht nur in der Armee Maria Theresias. So wurden beispielsweise in Frankreich, Bayern oder auch in Preußen, ja ja sogar selbst in Schweden Husarenformationen nach ungarischem Vorbild aufgestellt. Da nahezu jedes Regiment über eigenen Uniformfarben, Schnurverzierungen, usw. verfügt und erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts / Anfang des 19. Jahrhunderts ein Trend in Richtung Vereinheitlichung innerhalb der jeweiligen Armeen bemerkbar machte, ist eine genaue Zuordnung dieser Figuren kaum möglich. Neben den berittenen Husaren gab es jedoch auch sogenannten Panduren, wie die Soldaten entlang der Militärzone zum Osmanischen Reich bezeichnet wurden, die sich zumeist aus Kroaten, Rumänen, Serben und Ungarn zusammensetzten und die ebenfalls ihre regionale Bekleidung mit Verschnürungen und Verzierungen trugen.
Gruppe von Figurinen mit hellblauen Dolmans
Die Figuren tragen allesamt ungarische Nationaltracht, also mit reicher Schnurverzierung und enganliegenden ungarischen Hosen, die an den Nähten und am Oberschenkel ebenfalls Schnurverzierungen zeigen. Sie tragen auch sogenannte Säbeltaschen, die ursprünglich reiche Verzierungen aufweisen – meist verschlungene Initialen des jeweiligen Herrschers oder Fürsten („MT“für Maria Theresia oder „E“ für Esterházy). Die Husaren, die im Gegensatz zu den Kürassieren als leichte Kavallerie für schnelle Vorstöße und Erkundungsdienste eingesetzt wurden, leiteten ihre Uniform von der ungarischen Nationaltracht ab.
Figurine in weiß-rotem Uniformrock
Der Schnitt der Uniformröcke mit den geschweiften offenen Vorderteilen, das Fehlen von Uniformkrägen, die verhältnismäßig knapp geschnittenen und eng anliegenden Ärmel sowie die weiten, langen Rockschöße einerseits, und anderseits die kurzen, verschnürten Dolmane und die eng anliegenden ungarischen Hosen lassen eine zeitliche Zuordnung der Uniformierten in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zu, also in die Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) oder kurz danach. Der Schöpfer dieser Firguren scheint über große Detailkenntnisse verfügt zu haben, stimmt doch die Uniform bis in kleinste Details wie Schnitt, Farbzusammenstellung, Rockaufschläge oder Knöpfe mit beispielsweise preußische Originaluniformen über ein, die sich in der Sammlung des Berliner Zeughauseses im Deutschen Historischen Museum aus der Zeit Friedrich des Großen erhalten haben. Wer die Puppenmacher vielleicht selbst Angehöriger ein er kriegsführenden Macht im Siebenjährigen Krieg und vielleicht auch Augenzeuge bei Gefechten oder Kampfhandlungen? Bei dem hier vorgestellten Soldaten in weißer Uniform dürfte es sich aufgrund der hohen ledernen Stiefel um einen Berittenen, also um einen Kavalleristen handeln.
Vier Mohrenkönige mit Federschmuck
Bis ins 17. Jahrhundert galt in den Allegorien der Erdteile der Federschmuck als Hinweis auf Amerika. Im Barock spiegelt sich dies auch in der Darstellung der Heiligen Drei Könige, die nun auch vermehrt Federschmuck auf ihren Kopfbedeckungen trugen. Ausladender und farbenprächtiger Federschmuck ziert im Barock aber auch die Kopfbedeckung von Regenten, Schauspielern, Sängern und auch von Pferden. Bei den Rossballetten am Hof des französischen Sonnenkönig Ludwig XIV, traten beispielweise die Akteure als Vertreter damals exotischer Nationen wie Türkei, Persien oder Indien auf. Ihm machte es Kaiser Leopold I. bald nach und trat mit seltenen Straussen- und Raigerfedern als Kopfbedeckung aus. Der Federschmuck wurde im Verlauf des 18. Jahrhunderts aber nicht mehr allein als exotisches Accessoire eingesetzt, sondern als Ausdruck modischer Extravaganz.
Quellenangabe zur Krippenausstellung im Palmenhaus:
Texte: Kunsthistoriker Dr. Hannes Etzlsdorfer
Fotos: Ing Wolfgang Hack, Steyr Touristik GmbH